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Einstieg in Brennstoffzellenmarkt: Weber Holding will Produktionsanlage bauen

Der Automotive-Zulieferer setzt über seine Mehrheit an der Baienfurter Firma Cellform aufs Zukunftsthema Wasserstoff. In Markdorf soll eine Großserienfertigung entstehen. Weber wünscht sich das Land als Finanzpartner.

Vom reinen Verbrenner-Zulieferer zum Anbieter für nachhaltige Antriebe: Bei Weber in Markdorf tritt man im Transformationsprozess aufs Gaspedal. „Emission Zero 2040“ heißt das Programm, das die Unternehmen der Gruppe fit für die Zukunft machen soll. Eine zentrale Rolle soll die Wasserstofftechnologie spielen: Ein lukrativer Zukunftsmarkt, wie es Albert Weber, Firmengründer und Mitgesellschafter der Weber-Holding, formuliert.

CDU-Politiker als Türöffner?

In die Technik hat sich Weber vor einem dreiviertel Jahr in der Nachbarschaft eingekauft: Die Baienfurter Firma Cellform, 2021 gegründet, hat sich in kurzer Zeit zu einem Spezialisten für die Herstellung von Bipolarplatten entwickelt. Die wiederum sind Schlüsselkomponenten für Brennstoffzellen. Noch ist Cellform mit seinen acht Mitarbeitern eine Art Start-up, doch das soll sich bald schon ändern. Geplant ist nicht nur eine Umsiedlung an den Weber-Standort nach Markdorf, sondern dort auch der Aufbau einer Großserienfertigung für Bipolarplatten.

Das ist eine Großinvestition, wie Weber bei einem Vor-Ort-Termin mit den beiden CDU-Landtagsabgeordneten Raimund Haser und August Schuler verdeutlicht. 20 Millionen Euro nennt Weber als Größenordnung für die Investition in eine Produktionsanlage. Haser und Schuler sollen oder könnten als Türöffner wirken: Haser ist Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Landtag, Schuler der stellvertretende Vorsitzende. Über ihre Schreibtische gehen Förderanträge von Unternehmen, sie knüpfen Kontakte in die Ministerien. „Veränderungen sind immer auch Chancen, wir stehen vor riesigen Herausforderungen wegen des beschlossenen Aus für den Verbrenner“, sagt Weber.

Weber wünscht sich Kredit der Landesbank

Weber selbst hat bereits eine klare Zielvorstellung: Er könne sich einen Kredit der Landesbank vorstellen, zu einem günstigen Zinssatz und mit längerer Tilgung. „Wir wollen das Geld zurückbezahlen, aber wir können die 20 Millionen nicht alleine auf unsere Schultern nehmen“, betont er. Der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg profitiere, indem eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft im Land bleibe und nicht abwandere. Der Unternehmer verweist auf die neuen Bundesländer: In Sachsen oder Thüringen gebe es immense Zuschüsse für Infrastrukturprojekte von bis zu 40 Prozent, in Baden-Württemberg nicht – und die Albert Weber GmbH hat auch einen Standort im sächsischen Plauen. „Wir wollen aber gerne hier bleiben“, sagt Weber, „aber dafür wünschen wir uns auch ein kräftiges Signal aus der Politik“.

Vier Firmen in der Region wären eingebunden

Für den Firmengründer, der sich zwar aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, aber immer noch die Strategien und Weichenstellungen der Familienholding mitbestimmt, wäre das Risiko für das Land überschaubar: „Wir haben hier die Kompetenz, in Großserie produzieren zu können“, sagt er. Die stelle die Weber-Gruppe mit Kunden von BMW über AMG-Mercedes bis hin zum US-Lkw-Dieselmotorenhersteller Cummins seit Jahrzehnten unter Beweis. Zudem könne man mit räumlicher Nähe in der Lieferkette und im Produktionsprozess punkten: Die beiden anderen noch eingebundenen Betriebe, die Zulieferer Askea und Hagel, sind in Amtzell und in Grünkraut-Gullen – keine weiten Wege also und die Wertschöpfung bliebe im Land.

Abgeordnete wollen in Stuttgart unterstützen

Bei den beiden CDU-Politikern stößt Weber nicht auf taube Ohren: Haser und Schuler machen keinen Hehl daraus, dass sie die Entscheidung der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Verbrennertechnologie für grundverkehrt halten: Ohne Not opfere Berlin eine Technologie, in der die Exportnation Deutschland weltweit an der Spitze stehe. „Es gibt nur noch kurze Zeitfenster für uns, mit Hochtechnologie Geld zu verdienen“, sagt Haser. In den neuen Technologien gebe es aber keinen deutschen Vorsprung mehr, im Gegenteil: „Die herkömmlichen Geschäftsmodelle neigen sich dem Ende zu.“

Beide Politiker wollen das Anliegen der Markdorfer Unternehmerfamilie in Stuttgart unterstützen. „Das ist klassische Ansiedlungspolitik, das nehme ich mit ins Wirtschaftsministerium“, sagt Haser. Für den Aufbau einer Produktion sei ein L-Bank-Kredit durchaus vorstellbar, das Land könne in einem solchen Fall auch die Bürgschaft übernehmen.

Drei Jahre bis die Produktion steht

In Markdorf könnte man zeitnah mit dem Aufbau der Anlage starten, sagt Simon Brugger, Geschäftsführer von Cellform. Eine Halle für die Anlage gäbe es bereits, Mitarbeiter seien trotz Fachkräftemangel durchaus zu bekommen. „Jobs in den neuen Technologien haben durchaus Anziehungskraft, gerade bei jungen Ingenieuren“, sagt er: „Wir haben starke Kunden und coole Produkte, müssen aber noch Hausaufgaben machen.“

Die 20-Millionen-Investition müsste man noch ohne großen Kundenstamm stemmen. Dabei komme es auch stark auf die „Förderlandschaft“ an, denn: Auch im Land gäbe es durchaus Förderprogramme, die in Frage kämen. Wichtig sei, dass eine Entscheidung darüber bald falle. Kontakte und Interessenten habe Cellform für die Bipolarplatten bereits, auch aus dem Ausland, etwa in Gestalt eines britischen Luftfahrtzulieferers. „Aber unsere potenziellen Kunden wollen natürlich so bald wie möglich beliefert werden“, sagt Brugger. Stehe die Finanzierung, brauche man drei Jahre, um die Produktion aufzubauen. Die habe dann eine jährliche Kapazität von mehreren Millionen Bipolarplatten. Damit könne man den deutschen Markt, aber auch internationale Märkte bedienen.

China und Indien geben Gas

Vom großen Potenzial der neuen Technologie am Standort Markdorf ist Werner Tillmetz überzeugt. Tillmetz ist emeritierter Professor und berät die Weber-Holding. Er hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Ulm mitaufgebaut, lange Jahre geleitet und es zum führenden Brennstoffzelleninstitut in Europa ausgebaut. „Die Brennstoffzelle steht vor einem weltweiten Boom, aber in Deutschland ist das noch kaum sichtbar“, sagt er. China investiere in breitem Stil, aber auch Indien sei stark im Kommen. „Aber diese Technologien, wie sie Cellform anbietet, können die Chinesen noch nicht, das ist typisch urschwäbische Tüftelei“, sagt Tillmetz. Noch habe man den Vorsprung, doch eine Produktion in großem Stil müsse schnell aufgebaut werden. Denn: In China und Indien sind vor allem die politischen Entscheidungswege kürzer und schneller. Auch diese Botschaft nehmen Haser und Schuler nach Stuttgart mit.